THE RIGHTEOUS FATALE von Heloise Ph. Palmer
Gedanken zu der Aufführung am 5. Mai 2014 von Verena Denninger
„Die Macht der Sinnwelt und
die damit verbundene Emotionalität in der Musik, hervorgerufen durch die Art
und Weise der Klangwahrnehmung unter Verwendung unterstützender, extramusikalischer,
multimedialer Elemente, wird durch die muïetische Aufführungspraxis für die
Ausführenden und vor allem für das Publikum zu einem einzigartigen Erlebnis. Bei
dem Gesamtkunstwerk ´The Righteous Fatale` (Gerechtigkeit einer
Verhängnisvollen), das Heloise Ph. Palmers siebenteiligen Konzertzyklus
´Gespinstegarten` abschließt, wird ein musikalisches Konzept verwirklicht, das
die griechische Tragödie der Klytaimestra verarbeitet, und durch diese
übergeordnete Idee dem Zuhörer die musikalischen Werke sensibler, erleichternd
und umfassender sowie tiefgründiger verdeutlicht, bzw. intensiver näher bringt,
um eine ergreifende Wahrnehmung zu stärken. Die Hauptfigur fungiert als die
Musik theatralisch untermalendes Leitbild durch das Konzert, welches ein reifes
und stimmiges Konstrukt verschiedener Musikepochen und -stilen zu vereinen
vermag. Auf diese Weise ist es dem
Publikum möglich, die Musik in einem anders gewonnenen Kontext vollkommen neu
zu entdecken, vor allem was bekanntes Repertoire und ´Klassiker` anbelangt, wie
hier im Programm Schubert, Chopin und Franck. Auch die noch unbekannten Werke
moderner Komponisten oder Uraufführungen gewinnen durch diese ergänzenden Ausdrucksmittel
aus Poesie, darstellender oder bildender Kunst an Bedeutung und erzielen
eindeutig Begeisterung, selbst bei einem konservativen Publikum, das
möglicherweise gegenüber der zeitgenössischen Musik ohne den Einsatz
nichtmusikalischer Elemente aufgrund von mangelndem Verständnis eher Ablehnung
statt Überzeugung empfunden hätte. Diese Art der erweiterten Instrumentation
konzentriert sich nicht nur auf die jeweilige Verbindung zu einem einzelnen
Musikstück, sondern ermöglicht eine gesamte Konnexion aller aufgeführten
Werke, ohne dabei die im
Vordergrund stehende Musik in ihrer Führungsposition oder Natürlichkeit zu
schwächen. Dies hat inspirierende Wirkung auf den Zuhörer, selbst über das
Konzert hinaus. Denn durch die sich während der Aufführung automatisch
vollziehende Identifikation mit der Leitfigur Klytaimestra, die in ihrer
prekären Situation im Eifer der Rache zur Selbstjustiz greift, dabei das Ego
eines Individuums verkörpert, fragt sich der Zuhörer und Zuschauer natürlich in
Anlehnung an die eigene Wertevorstellung, ob dies gerechtfertigt ist,
beziehungsweise wie man selbst gehandelt hätte. Die Rolle der Hauptfigur
schlüpft damit individuell in jeden Konzertbesucher, wodurch dieser in
Ambiguität geriet, der Musik die Tore in den eigenen Körper öffnet, um eine
innerliche und vermutlich auch äußere Veränderung durchleben zu können, die
sich noch Wochen darauf im Alltag vergegenwärtigt und dem Zuhörer eine intime
Beziehung zur Musik bereitet. Diese Grenzenlosigkeit der Klangwahrnehmung durch
muïetische Unterstützung lässt einen jeden die Musik als etwas viel Größeres
und Kunstvolleres begreifen und spüren als das, was sie zu sein scheint, mit
dem Ziel sich zu befreien, zu heilen, indem man sich selbst verwirklicht. [...] Dieses Gesamtkunstwerk lässt nicht nur Werke in einem neuartigen Kontext verschmelzen, sondern auch Ausführende mit dem Publikum und der musikalischen Materie, was den Horizont reifen lässt, aber die innere Wertevorstellung zunächst über den Haufen wirft und schlussendlich mit Erfolg eine offene Einstellung gegenüber unbekannter Musik in Bezug auf verschiedene Epochen tief kräftigt."
Der vollständige Arikel lautet wie folgt: