Tuesday 13 May 2014

Musikstudenten beurteilen eine muïetische Aufführung: Verena Denninger

THE RIGHTEOUS FATALE von Heloise Ph. Palmer
Gedanken zu der Aufführung am 5. Mai 2014 von Verena Denninger

„Die Macht der Sinnwelt und die damit verbundene Emotionalität in der Musik, hervorgerufen durch die Art und Weise der Klangwahrnehmung unter Verwendung unterstützender, extramusikalischer, multimedialer Elemente, wird durch die muïetische Aufführungspraxis für die Ausführenden und vor allem für das Publikum zu einem einzigartigen Erlebnis. Bei dem Gesamtkunstwerk ´The Righteous Fatale` (Gerechtigkeit einer Verhängnisvollen), das Heloise Ph. Palmers siebenteiligen Konzertzyklus ´Gespinstegarten` abschließt, wird ein musikalisches Konzept verwirklicht, das die griechische Tragödie der Klytaimestra verarbeitet, und durch diese übergeordnete Idee dem Zuhörer die musikalischen Werke sensibler, erleichternd und umfassender sowie tiefgründiger verdeutlicht, bzw. intensiver näher bringt, um eine ergreifende Wahrnehmung zu stärken. Die Hauptfigur fungiert als die Musik theatralisch untermalendes Leitbild durch das Konzert, welches ein reifes und stimmiges Konstrukt verschiedener Musikepochen und -stilen zu vereinen vermag.  Auf diese Weise ist es dem Publikum möglich, die Musik in einem anders gewonnenen Kontext vollkommen neu zu entdecken, vor allem was bekanntes Repertoire und ´Klassiker` anbelangt, wie hier im Programm Schubert, Chopin und Franck. Auch die noch unbekannten Werke moderner Komponisten oder Uraufführungen gewinnen durch diese ergänzenden Ausdrucksmittel aus Poesie, darstellender oder bildender Kunst an Bedeutung und erzielen eindeutig Begeisterung, selbst bei einem konservativen Publikum, das möglicherweise gegenüber der zeitgenössischen Musik ohne den Einsatz nichtmusikalischer Elemente aufgrund von mangelndem Verständnis eher Ablehnung statt Überzeugung empfunden hätte. Diese Art der erweiterten Instrumentation konzentriert sich nicht nur auf die jeweilige Verbindung zu einem einzelnen Musikstück, sondern ermöglicht eine gesamte Konnexion aller aufgeführten Werke,  ohne dabei die im Vordergrund stehende Musik in ihrer Führungsposition oder Natürlichkeit zu schwächen. Dies hat inspirierende Wirkung auf den Zuhörer, selbst über das Konzert hinaus. Denn durch die sich während der Aufführung automatisch vollziehende Identifikation mit der Leitfigur Klytaimestra, die in ihrer prekären Situation im Eifer der Rache zur Selbstjustiz greift, dabei das Ego eines Individuums verkörpert, fragt sich der Zuhörer und Zuschauer natürlich in Anlehnung an die eigene Wertevorstellung, ob dies gerechtfertigt ist, beziehungsweise wie man selbst gehandelt hätte. Die Rolle der Hauptfigur schlüpft damit individuell in jeden Konzertbesucher, wodurch dieser in Ambiguität geriet, der Musik die Tore in den eigenen Körper öffnet, um eine innerliche und vermutlich auch äußere Veränderung durchleben zu können, die sich noch Wochen darauf im Alltag vergegenwärtigt und dem Zuhörer eine intime Beziehung zur Musik bereitet. Diese Grenzenlosigkeit der Klangwahrnehmung durch muïetische Unterstützung lässt einen jeden die Musik als etwas viel Größeres und Kunstvolleres begreifen und spüren als das, was sie zu sein scheint, mit dem Ziel sich zu befreien, zu heilen, indem man sich selbst verwirklicht. [...] Dieses Gesamtkunstwerk lässt nicht nur Werke in einem neuartigen Kontext verschmelzen, sondern auch Ausführende mit dem Publikum und der musikalischen Materie, was den Horizont reifen lässt, aber die innere Wertevorstellung zunächst über den Haufen wirft und schlussendlich mit Erfolg eine offene Einstellung gegenüber unbekannter Musik in Bezug auf verschiedene Epochen tief kräftigt."

Der vollständige Arikel lautet wie folgt: