Inwiefern
kann die Wahrnehmung der Bedeutung eines musikalischen Werkes
durch andere
künstlerische Mittel unterstützt werden?
-i- Musik und Bedeutung
Auf die Frage, worin die Bedeutung der Musik zu finden sei, sind zwei kontrastierende Antworten denkbar, die musikästhetisch in der Dichotomie von absoluter Musik und Programmmusik in Erscheinung treten. Für den einen ist das Ideal, dass die Musik ihren eigenen Gesetzen gehorcht, frei von einer Bindung an außermusikalische Mittel oder Zwecke. Für ihn ist das höchste Wesen der Musik als eine „Reinheit“ (oder negativ ausgedrückt: „Isolierung“) aller extramusikalischen Inhalte zu verstehen. Für den anderen wird die Bedeutung durch die Bezugnahme auf ein Programm außerhalb der Musik selbst hergestellt.
Beziehen wir uns bei dieser Fragestellung nun auf den Hörer der Musik, so können wir, entlang der o.g. Unterteilung diejenigen, die beim Hören eine intellektuelle Bedeutung konstruieren von denen, für die Musik eine emotionale Bedeutung innehat, unterscheiden. Eine Bedeutung hat etwas, wenn es auf etwas verweist, das außerhalb seiner selbst steht. Die Bedeutung an sich liegt in genau diesem „Fingerzeig“. Entscheidend ist dabei nicht, ob das Werk für sich alleine gesehen auf etwas verweist, das innerhalb oder außerhalb des Werkes steht, also ob der Komponist einem absoluten oder einem „referentiellen“ Ideal verhaftet ist oder war, sondern vielmehr, ob der Hörer einen Bezug zum Gehörten herstellen kann, ob er sie für sich mit einer Bedeutung aufladen kann.
Tatsächlich kann dieses „bedeutungsschaffende Potential“ beim Zuhörer durch außermusikalische Stimuli (Licht, Atmosphäre, etc.), durch welche das Gehörte in einen neuen Kontext versetzt wird, erregt werden. Dadurch kann drei Irrtümern, die L. Meyer erwähnt, entgegengetreten werden, nämlich:
1. Dem Hedonismus, oder, plakativ formuliert, Musik ist nicht dazu da, dass wir uns schlicht sinnlich daran „ergötzen“. Der Einsatz außermusikalischer Mittel zwingt den Hörer zum aktiven Wahrnehmen (und verstehen) - er kann sich nicht einfach zurücklehnen und „bedudeln“ lassen.
2. Dem Atomismus. Musik ist niemals nur eine schlichte Aneinanderreihung einzelner Töne („Atome“), genauso wie ein Konzert niemals nur eine bloße Abfolgen einzelner Werke („Atome“) sein kann. Diese Notwendigkeit nach einem Gesamtverlauf kann durch Mittel, die außerhalb der Musik selbst liegen, hergestellt werden.
3. Dem Universalismus. Musik ist nicht universal, nicht gottgegeben, nicht ewig. Sie kann nicht allerorts zu jeder Zeit die gleiche sein. Setzt man zusätzlich zur Musik etwa Mittel ein, wie etwa das Einsprechen eines Textes oder eine andere Art der Inszenierung, so besteht die Möglichkeit, Musik in einen neuen Zusammenhang zu setzen, die einem Zuhörer der heutigen Zeit die Möglichkeit einräumt, sich seine Bedeutung zu schaffen. Dieser Vorgang, Musik von neuen Seiten her zu beleuchten, muss stets aufs Neue vollzogen werden, um der Gefahr zu entgehen, einem wie auch immer gearteten Universalismus zu verfallen.
-ii- Sing, Vogel meiner Seele, sing! von Heloise Ph. Palmer
Das muietische Programm „Sing, Vogel meiner Seele, sing!“ ist als ein Gesamtkunstwerk angelegt. Das zeigt sich schon daran, wie das Konzert begann: Die Pianistin kam auf die Bühne und trat an ein hell erleuchtetes Lesepult, wo sie ein Buch aufschlug, man steigt also in eine Geschichte ein. Musikalisch eröff-net wurde das Programm mit dem unbekannteren „Galilée“ vom vornehmlich als Schriftsteller bekannten Max Brod. Auch die nun nachfolgenden Komponisten sind eher unbekannt: Mohamed Saad Basha, Yehezkel Braun, Ramz Samy Sabry, Paul Ben-Haim. Diese Stücke wurden laut Auskunft der Pianistin vornehmlich deswegen gewählt, weil sie dem Publikum die Möglichkeit eröffnen, wirklich unbekannte Werke kennenzulernen.
Höhepunkt des Programms – im dramatischen Sinne – war Im Kreidekreis von H. Ph. Palmer. Es bestand aus der ägyptischen (in Dur) sowie der israelischen Nationalhymne (in Moll), die alternierend mit dem Lachen eines kleinen Kindes (= Palästina) gespielt wurden. Das Kind lacht, weil es sich in der Situation nicht anders zu helfen weiß.
Schließlich fand das Programm mit Robert Schumanns Gesänge der Frühe seinen (hoffnungsvollen) Abschluss. Nach Schumanns eigenen Worten seien diese Stücke solche, die „die Empfindung beim Herannahen und Wachsen des Morgens schildern“. Eine ähnliche Position nimmt das Werk im Programm ein: Es schließt es ab, doch mit der Gewissheit, dass ein neuer, friedlicher Morgen beginnt.
Auf die Frage, worin die Bedeutung der Musik zu finden sei, sind zwei kontrastierende Antworten denkbar, die musikästhetisch in der Dichotomie von absoluter Musik und Programmmusik in Erscheinung treten. Für den einen ist das Ideal, dass die Musik ihren eigenen Gesetzen gehorcht, frei von einer Bindung an außermusikalische Mittel oder Zwecke. Für ihn ist das höchste Wesen der Musik als eine „Reinheit“ (oder negativ ausgedrückt: „Isolierung“) aller extramusikalischen Inhalte zu verstehen. Für den anderen wird die Bedeutung durch die Bezugnahme auf ein Programm außerhalb der Musik selbst hergestellt.
Beziehen wir uns bei dieser Fragestellung nun auf den Hörer der Musik, so können wir, entlang der o.g. Unterteilung diejenigen, die beim Hören eine intellektuelle Bedeutung konstruieren von denen, für die Musik eine emotionale Bedeutung innehat, unterscheiden. Eine Bedeutung hat etwas, wenn es auf etwas verweist, das außerhalb seiner selbst steht. Die Bedeutung an sich liegt in genau diesem „Fingerzeig“. Entscheidend ist dabei nicht, ob das Werk für sich alleine gesehen auf etwas verweist, das innerhalb oder außerhalb des Werkes steht, also ob der Komponist einem absoluten oder einem „referentiellen“ Ideal verhaftet ist oder war, sondern vielmehr, ob der Hörer einen Bezug zum Gehörten herstellen kann, ob er sie für sich mit einer Bedeutung aufladen kann.
Tatsächlich kann dieses „bedeutungsschaffende Potential“ beim Zuhörer durch außermusikalische Stimuli (Licht, Atmosphäre, etc.), durch welche das Gehörte in einen neuen Kontext versetzt wird, erregt werden. Dadurch kann drei Irrtümern, die L. Meyer erwähnt, entgegengetreten werden, nämlich:
1. Dem Hedonismus, oder, plakativ formuliert, Musik ist nicht dazu da, dass wir uns schlicht sinnlich daran „ergötzen“. Der Einsatz außermusikalischer Mittel zwingt den Hörer zum aktiven Wahrnehmen (und verstehen) - er kann sich nicht einfach zurücklehnen und „bedudeln“ lassen.
2. Dem Atomismus. Musik ist niemals nur eine schlichte Aneinanderreihung einzelner Töne („Atome“), genauso wie ein Konzert niemals nur eine bloße Abfolgen einzelner Werke („Atome“) sein kann. Diese Notwendigkeit nach einem Gesamtverlauf kann durch Mittel, die außerhalb der Musik selbst liegen, hergestellt werden.
3. Dem Universalismus. Musik ist nicht universal, nicht gottgegeben, nicht ewig. Sie kann nicht allerorts zu jeder Zeit die gleiche sein. Setzt man zusätzlich zur Musik etwa Mittel ein, wie etwa das Einsprechen eines Textes oder eine andere Art der Inszenierung, so besteht die Möglichkeit, Musik in einen neuen Zusammenhang zu setzen, die einem Zuhörer der heutigen Zeit die Möglichkeit einräumt, sich seine Bedeutung zu schaffen. Dieser Vorgang, Musik von neuen Seiten her zu beleuchten, muss stets aufs Neue vollzogen werden, um der Gefahr zu entgehen, einem wie auch immer gearteten Universalismus zu verfallen.
-ii- Sing, Vogel meiner Seele, sing! von Heloise Ph. Palmer
Das muietische Programm „Sing, Vogel meiner Seele, sing!“ ist als ein Gesamtkunstwerk angelegt. Das zeigt sich schon daran, wie das Konzert begann: Die Pianistin kam auf die Bühne und trat an ein hell erleuchtetes Lesepult, wo sie ein Buch aufschlug, man steigt also in eine Geschichte ein. Musikalisch eröff-net wurde das Programm mit dem unbekannteren „Galilée“ vom vornehmlich als Schriftsteller bekannten Max Brod. Auch die nun nachfolgenden Komponisten sind eher unbekannt: Mohamed Saad Basha, Yehezkel Braun, Ramz Samy Sabry, Paul Ben-Haim. Diese Stücke wurden laut Auskunft der Pianistin vornehmlich deswegen gewählt, weil sie dem Publikum die Möglichkeit eröffnen, wirklich unbekannte Werke kennenzulernen.
Höhepunkt des Programms – im dramatischen Sinne – war Im Kreidekreis von H. Ph. Palmer. Es bestand aus der ägyptischen (in Dur) sowie der israelischen Nationalhymne (in Moll), die alternierend mit dem Lachen eines kleinen Kindes (= Palästina) gespielt wurden. Das Kind lacht, weil es sich in der Situation nicht anders zu helfen weiß.
Schließlich fand das Programm mit Robert Schumanns Gesänge der Frühe seinen (hoffnungsvollen) Abschluss. Nach Schumanns eigenen Worten seien diese Stücke solche, die „die Empfindung beim Herannahen und Wachsen des Morgens schildern“. Eine ähnliche Position nimmt das Werk im Programm ein: Es schließt es ab, doch mit der Gewissheit, dass ein neuer, friedlicher Morgen beginnt.
Mai 2015; Niels Pfeffer (Gitarre)