Inwiefern
kann die Wahrnehmung der Bedeutung eines musikalischen Werkes
durch andere
künstlerische Mittel unterstützt werden?
-i- Musik und Bedeutung
Der Sinn der Musik besteht
nicht nur darin, die Menschen zu unterhalten. Es passiert viel mehr, wenn wir
Menschen Musik hören, beispielsweise löst sie durch die Aktivierung bestimmter
Strukturen im Gehirn Emotionen in uns aus. Bei diversen Tests und Experimenten
stellte man fest, dass beim Hören bestimmter Musik das Glückshormon Dopamin
ausgeschüttet wird. Deshalb kommt es zu körperlichen Reaktionen, die sich
messen lassen, wie zum Beispiel unter anderem sogar eine Erhöhung der
Körpertemperatur. [...] Die „Zeit“ beschreibt es
folgendermaßen:
„ Warum berühren uns
bestimmte Melodien und Harmonien, während uns andere kaltlassen? Musik, so
zeigt sich, wirkt auf allen Ebenen des Gehirns, sie hat
einen direkten Zugang zu Emotionen und ist tief verankert in der
Menschheitsgeschichte. Entstanden in wundersamer Co-Evolution, hilft Musik
dabei, uns in einer vornehmlich von Sprache und Verstand geprägten Welt mit
uralten emotionalen Bedürfnissen zu versöhnen.“[1]
Jeder hat eine subjektive
Wahrnehmung eines Klanges. Das bewusste Wahrnehmen ist somit auch in der Musik
von Mensch zu Mensch in minimalen Bereichen unterschiedlich. [...] Die
Wissenschaft, welche die Beziehungen zwischen den physikalischen Schallwellen
der Musik und deren Interpretationen durch den Menschen untersucht, ist die
Psychoakustik. Das Zuhören wird als komplexe psychologische Gegebenheit
beschrieben. Klänge in der Musik werden unterschiedlich neurologisch
wahrgenommen, denn jedes Element wird in den Details anders interpretiert. Diese
Elemente der Psychoakustik müssen in einem Zusammenhang wahrgenommen werden,
um die Musik als Ganzes zu erleben. Alles muss als Gesamtwerk betrachtet und
gehört werden, um letztendlich eine kognitive Erkenntnis zu erlangen.
Zu dieser Ebene des Hörens kommt nun auch die visuelle Ebene hinzu. Man nimmt nicht nur Klänge wahr, sondern man hat die Möglichkeit, andere künstlerische Darstellungsformen parallel zur Musik zu betrachten. Man kann sich vorstellen, dass man mithilfe eines Textes, beispielsweise eines Gedichtes, ein noch tieferes Verständnis erlangt. Wörter können der Grundidee der Musik eine noch höhere Intensität an Ausdruck verleihen. Des Weiteren kann ein gemaltes Bild, beziehungsweise eine Bildergalerie zusätzlich zu der Musik eine noch größere „Geschichte“ erzählen. Der Konzertbesucher erhält eine viel bessere Vorstellung und Idee, was der Interpret des Werkes ausdrücken möchte. Andere künstlerische Mittel auf der Bühne können eine ganz neu Atmosphäre schaffen und beeinflussen das Hörerlebnis der Konzertbesucher. Als Zuhörer, beziehungsweise in diesem Fall auch Zuschauer ist es aufgrund des Visuellen viel leichter, das Verständnis und die Bedeutung der Musik zu erlangen. Außerdem kann man durch das Einsetzen von Lichttechnik und auch Computerprogrammen noch mehr an Ausdruckskraft dazugewinnen. Einzelne Passagen beziehungsweise Stellen können somit durch bestimmte Effekte hervorgehoben werden.
Zu dieser Ebene des Hörens kommt nun auch die visuelle Ebene hinzu. Man nimmt nicht nur Klänge wahr, sondern man hat die Möglichkeit, andere künstlerische Darstellungsformen parallel zur Musik zu betrachten. Man kann sich vorstellen, dass man mithilfe eines Textes, beispielsweise eines Gedichtes, ein noch tieferes Verständnis erlangt. Wörter können der Grundidee der Musik eine noch höhere Intensität an Ausdruck verleihen. Des Weiteren kann ein gemaltes Bild, beziehungsweise eine Bildergalerie zusätzlich zu der Musik eine noch größere „Geschichte“ erzählen. Der Konzertbesucher erhält eine viel bessere Vorstellung und Idee, was der Interpret des Werkes ausdrücken möchte. Andere künstlerische Mittel auf der Bühne können eine ganz neu Atmosphäre schaffen und beeinflussen das Hörerlebnis der Konzertbesucher. Als Zuhörer, beziehungsweise in diesem Fall auch Zuschauer ist es aufgrund des Visuellen viel leichter, das Verständnis und die Bedeutung der Musik zu erlangen. Außerdem kann man durch das Einsetzen von Lichttechnik und auch Computerprogrammen noch mehr an Ausdruckskraft dazugewinnen. Einzelne Passagen beziehungsweise Stellen können somit durch bestimmte Effekte hervorgehoben werden.
U.a. mit dieser anderen Form der Konzertpraxis beschäftigt sich „Muiesis“. Das vorgestellte Werk wird nicht entfremdet, das heißt, die Grundidee der Musik bleibt bestehen. Die ursprüngliche Instrumentation wird nicht geändert, die Kompositionen werden lediglich in einen neuen Zusammenhang gestellt. Gerne werden andere Ausdrucksformen, wie Kunst, sowohl darstellende als auch bildende Kunst und literarische Formen verwendet. [2] Die muietische Aufführungspraxis weist durchaus Verwandtschaft mit den Aufführungen Karlheinz Stockhausens auf. Auch er nutzte theatralische Mittel, um die Musik lebendig zu erhalten. Durch den Einsatz anderer künstlerischer Stilmittel hat die Musik eine andere und noch intensivere Wirkung.
Die Synthese von Musik und
anderen künstlerischen Formen ist eine völlig neue Konzerterfahrung [für mich].
Viele Konzertbesucher haben keine musikalische Ausbildung und gerade für solch
eine Zielgruppe ist es viel leichter die Essenz des musikalischen Werkes
leichter und besser zu verstehen. Des Weiteren erleichtert die konzeptionelle
Wechselwirkung und Verbindung verschiedener Künste das Verständnis von Musik.
Jeder Konzertbesucher hört individuell und jeder erschließt sich aus seinen
Erkenntnissen einen anderen Kontext.
„Mehr als die anderen Künste
ist die Musik eine gesellige Kunst, die den Menschen zu friedlichem,
harmonischem Tun vereinigt und die beengenden Schranken beiseite wirft, die oft
im Leben bestehen. Goethe sagte einmal, heilig ist, was viele Seelen verbindet;
diese Wirkung besitze die Musik in hohem Grade. Ihre Macht, das Getrennte zu
vereinigen und zu versöhnen, überwindet selbst die Schranken der Völker und
Staaten. Aber nicht nur die Ausführenden, auch die Zuhörer vereinigt die Musik
oft in wunderbarer Weise.“[3]
-ii- Sing, Vogel meiner Seele, sing! von Heloise Ph. Palmer
Das Konzert „Sing, Vogel meiner Seele, Sing!“ von Heloise Palmer beinhaltet kein gewöhnliches Konzert-programm. Es ist ein Beispiel für die muietische Aufführungspraxis. Andere künstlerische Mittel werden mit in die Musik einbezogen, um dem Zuhörer ein besseres Verständnis der Musik zu ermöglichen.
Thema dieses Programmes ist
der jahrhundertealte Palästinakonflikt, welcher heute immer noch sehr aktuell
ist. Das Land Palästina, welches symbolisch als Kind dargestellt ist, befindet
sich im Konflikt der Zugehörigkeit und Unabhängigkeit. Die Geschichte spielt
vor der Kulisse des Nahen Ostens, dort wo Hass, Gewalt und Krieg die
Gesellschaft prägen.
Das Konzert beginnt mit einer
Einleitung des Erzählers mit den Worten „Es war einmal ein Kind...“ Gleich zu
Beginn merkt der Zuhörer, dass dieses Konzert von der heutigen gängigen
Konzertpraxis abweicht. Die Künstlerin wählte bewusst Stücke aus, um die
Emotionen auch auf den Zuhörer zu übertragen. Der sich aufbauende Streit
beziehungsweise die Reibung der beiden Länder, Ägypten und Israel lässt sich
auch in der Musik auffinden. Die Spannung und Emotionen laden sich immer weiter
auf. Mittendrin in dieser Auseinandersetzung befindet sich Palästina. Dieser
„Zank“ der beiden Mütter um die Mutterschaft, wird durch einen Kreidehalbkreis,
welcher auf die Leinwand projiziert wird, auch visuell verdeutlicht. Nach
ei-nem weiteren sehr spannungsgeladenen Klavierstück ergänz sich der
Kreidekreis zu einem Ganzkreis. Diese Anschauung regt den Zuhörer,
beziehungsweise in diesem Fall auch Zuschauer zum Nachdenken und
Auseinandersetzen an. Die Mitte dieses Kreises stellt das traumatisierte Kind
„Palästina“ dar, welches enorm darunter leidet, der Mittelpunkt dieses Streits
zu sein.
Natürlich wird auch
musikalisch mit sehr vielen Mitteln gearbeitet. Immer wieder tauchen ähnlich
klingende Motive auf, welche das Kämpfen der beiden Mütter darstellen. Dieser
Konflikt lässt sich unter anderem auch auf die heutige Zeit übertragen. In den
kleinen alltäglichen „Kriegen“, so Heloise Palmer, komme es meist nicht zu
einer Annäherung, sondern zu einer Verdrängung der Menschen.
Den Höhepunkt des muietischen
Abends bilden die beiden Nationalhymnen, die als Audiodatei über die
Lautsprecher abgespielt werden. Am Anfang laufen die Hymnen geordnet und klar
voneinander getrennt ab, dann aber vermischen sich nach einiger Zeit und werden
immer wieder durch ein Kinderlachen unterbrochen. Der Spannungsbogen wird bis
zum Stück John Palmers „Midnight doesn’t BE“ aufrechterhalten. Auch diese
Komposition spielt mit dem klanglichen Raum des Klaviers. Durch geschickt gewählte
Effekte und Techniken der Pianistin, werden dem Zuhörer völlig neue Klänge
offenbart. Außerdem kann man dieses Werk auch als eine Art Wendepunkt der
Gestaltung des Programms sehen.
Neben dem Einsatz des
Klaviers, wurden auch das Toy Piano, beziehungsweise die Blockflöte benutzt, um
in die Gefühlswelt des Kindes einzutauchen. Durch das verwenden mehrerer
unterschiedlicher Instrumente werden die Emotionen der Charaktere dem Zuhörer
viel besser vermittelt. Sogar der Schellenkranz, welcher parallel zum Pedal
positioniert wurde und gleichzeitig während des Klavierspiels von der
Künstlerin betätigt wird, führt zu einer viel intensiveren Wahrnehmung des
Zuhörers. Man setzt sich mit dem Gehörten auseinander, weil man mehrere
Eindrücke und Klänge auf einmal, also zeitgleich wahrnehmen kann.
Auf der visuellen Ebene war
darüber hinaus ein gezielter Einsatz der Scheinwerfer festzustellen. Das
Dimmen und Erhellen des Lichtes diente ebenfalls dazu, den Höreindruck zu
erweitern und ergänzen. Zusätzlich zu dem Text „Vogel meiner Seele“ (Heloise
Ph. Palmer) sah man als Konzertbesucher außerdem das Bild einer Frau, welche
mit einem Regenschirm unter einem Torbogen ins Weite schaut. Ihre Blicke
schweifen in das Neue und Unentdeckte. Dieses Bild zusammen mit den Worten „...
das Kind soll in Freiheit fliegen...“
beschreibt die Situation Palästinas sehr treffend: Palästina soll in
Zukunft den neuen und freien Weg nehmen und sich aus den Mängeln Ägyptens und
Israels befreien. Den Konzertabschluss passend dazu, machte das Klavierstück
„Vogel als Prophet“ von Robert Schumann.
Zusammenfassend lässt sich
sagen, dass die Musik, durch Ergänzung anderer extramusikalische Mittel, und
sei es nur ein kleines schwarzes Tuch, welches über das Toy Piano gelegt wurde,
für den Zuhörer eingängiger und leichter zu verstehen ist. Als Zuhörer hat man
immer etwas zu verfolgen, man erkennt immer etwas Neues, worüber man sich
Gedanken machen kann, was man interpretieren kann. Die Synthese von visueller
und hörbarer Ebene beschert, auch einem Musiklaien, ein ganz anderes
Hörerlebnis, als ein klassisches Klavierkonzert. Das Visuelle hilft uns, ein
besseres Verständnis der Geschichte und einen noch größeren Zusammenhang des
Werkes zu erlangen.
Mai 2015; Jonas Imkampe (Fagott)