Friday 3 July 2015

Musikstudenten besprechen eine muïetische Aufführung; Marcus C. (Mai 2015)


Sing, Vogel meiner Seele, sing! - Heloise Ph. Palmer 

Am Abend des 27. April ward den Studenten und Zuhörern im Kammermusiksaal der Musikhochschule Stuttgart ein ganz besonderes Konzerterlebnis zuteil: Die Pianistin und Künstlerin Heloise Ph. Palmer gab ein muïetisches Konzert, welches sich thematisch dem konfliktreichen Nahen Osten widmete und dabei besonders auf die Nachbarschaft der Staaten von Israel und Ägypten einging. Das Ringen um Frieden, den es auf das Tägliche zu erhalten gilt, die Unversehrtheit der menschlichen Seele, die rein und unschuldig in solche Konflikte geraten kann, die für uns unfassbaren Umstände dieses ganzen Komplexes: Heloise Ph. Palmer hat sie mit Musik, Texten und Bühnendarstellung höchst sensibel und intensiv gezeichnet.

Der Konzertsaal war für das ganze Konzert abgedunkelt und nur ein Scheinwerferlicht erhellte den Flügel und die Pianistin. Zur Rechten fand sich eine Leinwand, die zunächst einen Halbkreis, dann gegen Schluss einen vollen Kreis zeigte. Symbol für den Kreidekreis und dessen historische Implikatur. So wurde auch der Vogel in all seiner Bedeutung zum übergeordneten Leitmotiv des Abends. Der Vogel und die Seele, die so einfach ihre Flügel strecken und - um es mit Eichendorff zu sagen - am Ende den seligen Wunsch eines Zuhauses finden können. Der Flügel war gewissermaßen auch optisch zu erleben und zu begreifen, es war das Instrument, das beide Länder und beide Kulturen einte, indem es beider Musik gleichermaßen zu Gehör brachte. So wurden denn abwechselnd Stücke israelischer und ägyptischer Komponisten gespielt, und von Texten (Heloise Ph. Palmer), welche zugespielt wurden, komplettiert.

Dabei versicherte die Pianistin, dass die Auswahl keinesfalls leicht fiel. Es finden sich in der Tat Stücke von höchst unterschiedlicher Qualität unter der Zusammenstellung. Dennoch war auch dies ein interessanter Punkt, zeige er doch den von ihr bemängelten Anachronismus auf und verdeutliche damit den zum Geleit gegebenen Impuls “wie wichtig es ist, sich nicht mit der Vergangenheit zu blenden, sondern im Jetzt zu handeln.
So war auch eine sehr kontrastreiche Zusammenstellung von Werken zu erleben, von sehr impulsiven Stücken wie Sabrys “Moderato & Allegro”, welches dem “Kind” als weiteres Motiv des Abends durch teils spielerische Rhythmen und gesanglichen Klängen eine weitere Stimme gab, obwohl es doch kaum zu sprechen im Stande scheint, bis hin zu sehr fein gezeichneten und ruhigen Momenten, wie sie in John Palmers “Midnight doesn’t BE” zum Ausdruck kamen. Mit Schumann endete das Programm und seine “Gesänge der Frühe” wirkten nach diesem Konzert wahrlich wie ein sehnender und appellierender Ruf nach Frieden und Unversehrtheit, nach Achtsamkeit und einem aufrichtigen und respektvollen Umgang miteinander.

Heloise Ph. Palmers Konzept zu einer neuen Klangwahrnehmung und einem erneuerten Zugang zu klassischen Konzerten stellt damit tatsächlich eine weitere mögliche Form der Konzertrezeption dar.

Mai 2015; Marcus C. (Komposition)